Larven und Würmer unter der Lupe
Eine Muschel im Legdener Mühlenbach? Nein, damit hätte Roza Aljas nie gerechnet. Sie und ihre Mitschüler aus der 7c haben viel mehr im Wasser entdeckt. Das Klassenzimmer der Sekundarschule Legden Rosendahl steht am Dienstag am Legdener Mühlenbach. Lumbricus, der Umweltbus der Natur- und Umweltschutz-Akademie NRW, hält dort – im Laderaum Siebe, Messlatten und jede Menge Gummistiefel.
Matthias Schulze Ising steht sogar bis zum Bauch im Wasser. Er gehört zum Vermessungsteam. Wie tief ist das Wasser, wie breit der Bach an der Stelle kurz hinter dem Wehr an der Neuen Mühle, das alles erforschen sie. Später wird sein Team alles auswerten und entscheiden, ob der Bach hier natürlich ist oder schon von Menschenhand verändert.
Eine zweite Gruppe kümmert sich um die Wasserchemie, misst den Sauerstoff im Wasser, pH-Wert und Salzgehalt. Der Rest der Klasse steht im Wasser und sucht nach wirbellosen Tieren. Ein kleiner Wurm schlängelt sich, etwas, was wie ein Stab aussieht, bewegt sich, ein kleiner Käfer, eine Muschel – das alles leeren die Jugendlichen in kleine Behälter. Später im Umweltbus wird alles genauer untersucht und bestimmt. Denn, was da so alles im Bach lebt, das wissen die wenigsten. Muscheln zum Beispiel vermuten sie eher im Meer.
Dietmar Schruck ist überall, hilft, beantwortet Fragen und vertreibt auch schon mal Schüler aus dem tiefsten Teil des Baches. Der Umweltpädagoge war schon oft Gast der Sekundarschule. Bisher hielt der Bus immer an der Düstermühle. Erstmals ist jetzt die Neue Mühle das Ziel. Hier ist auch der Teich des Legdener Angelsportvereins, in dem gerade eine Wasserfontäne sprüht. Eine perfekte Gelegenheit für Dietmar Schruck zu erklären, warum die Fische und andere Lebewesen im Wasser Sauerstoff brauchen und warum ein warmer Sommer für sie gar nicht gut ist. Und ja, die Qualität des Mühlenbachs an dieser Stelle ist auf Stufe drei von fünf. „Libellen sind ein gutes Zeichen“, sagt er. Die Kugelmuschel oder die Schlammschnecken, die hier im Sieb gelandet sind, sprechen für die mittlere Gewässerqualität.
Dietmar Schruck ist Umweltpädagoge aus Leidenschaft. Ende des Jahres hört er auf. Nicht nur, dass er gerne in der Natur ist. „Es macht Spaß, immer neue Jugendgruppen zu erleben, wie sie Natur wahrnehmen“, sagt er und erzählt von den strahlenden Augen und staunende Blicken der Kinder und Jugendlichen.
Auch Roza staunt, als sie die winzige Larve durch das Mikroskop plötzlich sich riesengroß vor Augen bewegen sieht. Per Kamera können dann alle auf dem großen Bildschirm ihre Funde betrachten – die Kleinlibellenlarve, den Rückenschwimmer oder verschiedene Würmer.
Das alles wird auf einem Film festgehalten, den die beiden Lehrer Katrin Wobben und Thomas Kuban mit in die Sekundarschule nehmen. Auch die anderen siebten Klassen können dann im Unterricht lernen, was alles die Qualität des Legdener Mühlenbachs ausmacht. Denn immer nur eine siebte Klasse darf zum Lumbricus-Bus. „Das wird ausgelost“, sagt Katrin Wobben.
Die Lehrerin findet es toll, dass so eine Naturerkundung direkt vor der Haustür stattfinden kann. Auch sie selbst lernt etwas an diesem Vormittag: „Alle sind sehr motiviert. Ich erlebe gerade Kinder, die im Unterricht schwächer sind, von einer ganz anderen Seite.“
Für die Kinder ist es ein toller Schultag. „Cool“ ist immer wieder als Kommentar zu hören. Cool ist auch, dass zwei Mütter aus dem Förderverein auftauchen und schnell auf einem Stein die Brötchenplatten ausbreiten. Denn hungrig macht so ein Vormittag am und im Wasser auch.
AZ vom 10.10.2018 -R. von Wangenheim-
